Januar 2019 - Mexico...Zentrales Hochland

Guanajuato
Guanajuato

03. Januar 2019 - 24. Januar 2019

 

Es ist ein Gewusel in Mazatlan, ein Kreuzfahrtschiff liegt im Hafen und ein Heer von Passagieren ergiesst sich in die engen Gassen des Altstädtchens. Langsam schlängeln wir uns durch den dichten Verkehr, verlassen die Stadt und peilen einen Camping etwas südlich am Meer an, der Weg zum Strand führt entlang schöner Palmenplantagen. Eva und Sebastian sind auch in der Nähe und entscheiden sich für den gleichen Camping, so haben wir Gesellschaft für den Nachmittag. Viele grosse Ami-Fahrzeuge stehen auf diesem RV-Platz, ein Snowbird-Winterquartier. Es ist warm,  der Strand ist lang, gemütlich vergeht der Nachmittag... 

Sie Drei fahren am nächsten Morgen weiter der Küste entlang, wir bleiben noch einen Tag hier stehen. Es hat super WIFI, so können wir die ganze Büroarbeit aufschaffen und den Blog aktualisieren, auch das muss ab und zu sein! 

Die Strecke auf der alten Mex40 von Mazatlan hoch in die Berge nach Durango ist ein Erlebnis und führt uns von Meereshöhe bis auf fast 2600 Meter über Meer. Hier oben sind wir in einer anderen Klimazone, mitten im Nadelwald. Der Naturpark bei La Ciudad ist gespickt mit grossen runden Steinen. Der Eintritt kostet ein paar Pesos „Ihr dürft euch zum Campieren einfach irgendwo hinstellen wo es euch gefällt!“ heisst es. Das ist doch ein Wort, super! Schnell werden wir fündig zwischen den speziellen Steinformationen, es ist Samstagabend und noch etwas Betrieb im Park, aber bald kehrt Ruhe ein und wir geniessen eine stille, helle Mondnacht.

Durango tönt nach Western und hat in der Tat schon für viele Filme die richtige Kulisse geboten. Es soll einen rundum bewachten Parkplatz mitten in der Stadt geben, auf dem man auch übernachten darf. Wir freuen uns schon auf einen Sonntagsbummel durch die schönen Gassen, ein Käfeli auf dem grossen Platz vor der Kirche und einen sicheren Nachtplatz. Den Estacionamiente - das ist ein bewachter Parklatz - finden wir auf Anhieb…und stehen vor einem verschlossenen Tor! Hhmm, vielleicht macht der Chefe ja gerade Siesta? Wir fragen einen Nachbarn, der schüttelt den Kopf, nein, nein, heute ist geschlossen, erst manana (morgen), sei wieder offen. Ojehh...wir drehen noch eine Runde, finden aber keinen anderen Parkplatz, viele Plätze sind geschlossen oder nur PW-tauglich.

So nehmen wir die Mex23 nach Süden und fahren der Einsamkeit entgegen (ein Tip von Sepp). Die nächsten drei Tage erleben wir ein traditionelles, farbiges Mexico, fahren rund 450 km durch schönste, abgelegenste Bergwelt, die ganze Strecke ist ein grosses Abenteuer und wunderschön!

Auf Hochplateaus liegen kleine Dörfer, das Leben ist geprägt von einfacher Landwirtschaft und indigenen Traditionen. Kleine Maisfelder ziehen sich die Hänge empor, Gemüse wird angebaut, Käse produziert, gewaschen wird am Fluss, alles in Handarbeit. Die Frauen mit ihren schönen, farbigen Röcken sind bunte Flecken in der kargen Landschaft, die Häupter der Männer ziehrt durchs Band ein heller, edler Hut! Immer wieder sind Menschen unterwegs entlang der Strasse, schön gekleidet. Woher sie wohl kommen und wohin sie wohl gehen? Esel, Kühe, Hühner, Schweine…mit allen teilen wir die Strasse. Die grauen Langohren und die Pferdchen dienen zum Transport von Ware oder der ganzen Familie. Die Strasse selber ist voller Überraschungen, die vielen Felsbrocken von all den Steinschlägen bleiben liegen,  Strassenstücke sind beim letzten Unwetter im Abgrund verschwunden, wir fahren viel Schlangenlinie und sind auf alles gefasst.

Viele schöne Szenerien bleiben uns von dieser Strecke in Erinnerung...auch ohne Kamera, wir konnten und wollten die Linse hier nicht auf die Menschen richten.

 

Wieder im Tal entscheiden wir uns gegen die Pazifikküste und fahren ins Landesinnere Richtung Tequila. Zuckerrohr- Mais- und Agavenfelder begleiten uns, wir kommen ins Tequilaland! Sieben Jahre müssen die Agaven wachsen, dann wird das 20 - 80 kg schwere Herz der Pflanze zu Mexikos Nationalschnaps verarbeitet. Tequila aber darf sich nur der Schnaps in der Provinz Jalisco nennen, der Name ist geschützt und herkunftsabhängig. Mezcal, auch ein Tequila, wird aus einer kleineren Agavensorte gebrannt und wurde berühmt durch einen in der Agave lebenden Wurm, den Gusano de Maguey, der zur Geschmacksvollendung mit in die Flasche gepackt wird, salud…prost! Diesen Wurm gibt es übrigens auch als Pulver oder knusprig geröstete Knabberbeilage.

In Tequila parkieren wir neben einem Hinterhof direkt auf der Gasse, bewacht vom Hinterhofbesitzer. Wir verbringen den Nachmittag im Städtli, geniessen es am Zocalo Dorfplatz  zu sitzen und dem geschäftigen Treiben zuzusehen! Retour beim Iveco treffen wir zwei Amerikaner, unsere Hinterhof-Parknachbarn. Kurzerhand machen wir uns zusammen nochmals auf ins Zentrum zum Cena - Abendessen, mit anschliessendem Tequila-Probiererli.

Die Nacht ist laut in der Gasse. Neben uns auf dem Dach leben keine Strassenhunde, nein, da leben Dachhunde! Die einen Hunde leben am Boden, das sind die Strassenhunde, die anderen leben in der Höhe, das sind die Dachhunde, verbannt auf ein paar Quadratmeter Lebensraum, ohne Chance zu entkommen. Unsere jungen Dachhunde leben auf einem Wellblechdach, sind sehr lebendig und gwunderig, dementsprechend hoch ist auch der Lärmpegel! Lastwagen quälen sich an uns vorbei, Reklameautos fahren langsam durch die Strasse und trompeten ihre Werbung durch die Lautsprecher. Am Morgen früh, es ist noch stockdunkel, ertönt ein fröhliches „Yo tengo la duuulce! Yo tengo la duuulce!“ Bis wir aber verstehen was er auf seinem Wägeli mitführt, ist unser Zmorgebrötli schon verschwunden in die nächste Gasse, haha! 

Über Guadalajara geht es Richtung Santa Elena.

Viele voll beladene Lastwagen mit Zuckerrohr sind auf der Strecke unterwegs, überall am Strassenrand kann man Zuckerrohrprodukte kaufen. Die vielen Maisfelder sind jetzt im Januar alle braun und trocken, die Stengel stehen noch oder liegen geerntet und kunstvoll aufgetürmt auf den Feldern. Für die Bauern hier ist die Landwirtschaft streng und mit viel Handarbeit verbunden. Esel, Pferde oder Ochsen helfen dabei, beim Pflügen des Ackers oder beim Transportieren von Ware, grosse Maschinen sehen wir selten auf den Feldern.  

Wir machen Pause, ein Motorrad hält, es klopft an der Tür, ein junger Mann steht davor, den Helm am Arm, lächelt scheu und erzählt uns auf Englisch, dass er in der Nähe wohne und eine kleine Rancho mit Kühen und Schweinen habe. Er komme gerade von seiner zweiten Arbeit als Saftverkäufer, ob wir nicht mitkommen möchten, er würde uns gerne seinen kleinen Bauernhof zeigen. Ja klar, das interessiert uns natürlich, schliesslich kommen wir aus demselben Metier.

Wir holpern querfeldein hinter ihm her und sind bald bei seiner kleinen Rancho. Seine Frau wartet schon auf ihn, er strahlt sie verliebt an und schmunzelt, sie seien erst seit einem Jahr verheiratet. Wir fragen ihn aus über das Bauernleben in Mexico, bewundern seine Kühe und Schweine, wohlgenährt sehen sie aus. Der Schweinestall ist ganz clever mit Steinmauern gebaut, auch Agaven und Mais pflanzt er an, sein Traktor hat etwa die Grösse von unserem zu Hause, klein, alt und robust. Wir knipsen noch ein Bild, dann sagen wir vielen Dank für den spannenden Einblick und machen uns auf den Weg zu Charly in Santa Elena. 

Charly ist ein Schweizer und lebt schon seit vielen Jahren in Mexico. Im kleinen Dorf Santa Elena betreibt er ein Restaurant und bietet daneben auch Camping an. Wir werden herzlich begrüsst und keine halbe Stunde später rollt ganz per Zufall nochmals ein Reisefahrzeug an, Edy und Brigitte (www.waypoints.ch).

Mit ihnen können wir allerdings von der Reisedauer her nicht ganz mithalten, sie sind schon seit 14 Jahren auf Achse, überall auf der Welt, wow! 

Die nächsten Tage sind unterhaltsam, noch andere Mexico-Schweizer gesellen sich mit uns an den grossen Tisch, es scheint als gäbe es hier ein ganzes Nest. Wir geniessen das feine Essen von Charly, vom Cordon-Bleu über Hackbraten bis zu Bratwürsten kann man alles probieren was das Schweizer Herz begehrt. Charly macht selber Würste, backt Brot, macht Pizzateig…am Backtag bekommen wir ein frisches Brot direkt in den Iveco geliefert, mmhhh, so fein!

Einen Katzensprung von hier, in Atotonilco, gibt es eine von einem Mexikaner geführte Käserei. Um das Käsen zu lernen war er unter anderem in der Schweiz und in Frankreich. Mit Edy und Brigitte machen wir uns auf den Weg. Das Riesenangebot beeindruckt uns, wir werden von einem Probiererli zum nächsten gelockt und dürfen etliche Käsesorten degustieren, Appenzeller, Gruyere, Reblochon, Brie, Raclettkäse und, und…so fein, wir schmelzen dahin, schon lange haben wir keinen so guten Käse mehr gegessen! Wir verabschieden uns mit einem ordentlich gefüllten Sack in der Hand, mhh! 

Das nächste Ziel ist die Mühle von Atotonilco, hier ist seit vielen Jahren Valentin am Werk. Er führt uns auf Schweizerdeutsch durch die ganze Anlage, zeigt uns jedes Detail und erklärt uns den ganzen Ablauf. Wir steigen Etage um Etage durch die ganze Mühle hoch und sehen sämtliche Schritte die das Korn bis zum fertigen Mehl durchläuft. Ausschliesslich Weizen wird hier gemahlen, viele Tonnen jeden Tag, daraus entstehen verschieden Mehle zum Brot backen oder für Tortillas, jedes Mehl muss etwas andere Eigenschaften erfüllen. Sehr spannend, zum Schluss drückt uns der Müller noch zwei Säckli Weizenkeime in die Hand, gut für ins Müesli oder Yoghurt, mit vielen gesunden Sachen drin, gibt Kraft und Energie! Super, das brauchen so Weltenbummler!

Gerne hätten wir auch noch die Brennerei Siete Leguas besucht, aber heute ist Freitag, Führungen gibt es nur von Dienstag bis Freitag nach Voranmeldung, so lange bleiben wir nicht in der Gegend.

 

Agavenfeld
Agavenfeld

Guanajuato, die schöne, farbige Kolonialstadt liegt am Fusse einer Schlucht und zieht sich bunt die Hügel hinauf. Früher war es die wichtigste Bergbaustadt in Mexico. Eine spezielle Strassenführung hat Guanajuato, die Stadt ist unterhöhlt von der Bergbauzeit her, so verläuft ein grosser Teil des Verkehr unterirdisch.

Wir parkieren auf einem Camping ausserhalb der Stadt und fahren mit dem Taxi für einen Tag ins Zentrum, tauchen auf dem Weg in Tunnels ab, kommen irgendwo wieder ans Licht, der nächste Tunnel verschluckt uns, es gibt Kreuzungen, Lichtsignale, Trottoirs, alles unter der Erde. Schliesslich entlässt uns der Taxifahrer oberirdisch mitten im historischen Zentrum! Der Stadttag geht schnell um, wir geniessen das bunte Treiben im schönen Guanajuato!

Es geht „Schlegel a Wegge“…die nächste Kolonialstadt wartet auf uns! San Miguel de Allende ist eine sehr touristische Stadt, bevölkert von vielen Amerikaner, mit einem Top-Angebot an allem was diese Art Touristen erwarten. Aber auch eine sehr schöne Stadt! Uns gefällt es hier, durch diese Gassen zu streifen mit all den schönen Häusern und Kirchen, am grossen Platz zu sitzen, einen Blick in die schönen Hinterhöfe zu werfen, die feinen Düfte in der Markthalle zu riechen. Überall wird gekocht, an unzähligen kleinen Essensstände gibt es jederzeit etwas zu kaufen für jeden kleinen Hunger.

Wir treffen Eva und Sebastian wieder, sie sind schon etwas vor uns hier und ergattern für sich und uns die zwei letzten Plätze auf dem Camping in der Stadt, puhh, Glück gehabt. Von hier aus ist alles bequem zu Fuss erreichbar, am Nachmittag und Abend sitzen wir neben dem Iveco zusammen, essen feine mexikanische Süssigkeiten aus der Stadt und Lasagne aus unserer Omnia. Dann heisst es wieder „Hasta luego"!

Wir entscheiden uns für einen östlichen Abstecher und fahren auf der Cuota-Autobahn (das sind die ziemlich teuren gebührenpflichtigen Autostrassen) bis zu den grossen Pyramiden von Teotihuacan nördlich von Mexico Stadt. 

Auf dem Weg geraten wir in eine Polizeikontrolle, die zweite Begegnung dieser Art! Wir wechseln von der einen Autobahn auf eine andere, bei der Abfahrt in diese Verbindungsschleife wird verlangt dass man die Geschwindigkeit in kürzester Distanz von 110 kmh auf 30 kmh reduziert. Zwei Polizeiautos mit drei Polizisten haben sich gleich am Anfang dieser Abfahrtsschleife positioniert! Als sie uns sehen, wedeln alle Drei wie verrückt mit den Händen und bedeuten uns anzuhalten. Wir hören sie schon innerlich jubeln "Juhee, wir haben einen Touristen im Netz!" Wir fahren an den Strassenrand, der eine Polizist hält uns die Radarpistole unter die Nase und meint, wir seien 45 kmh gefahren anstatt 30 kmh, das koste 6000 Pesos (rund 300 Franken) Busse! Schon so viele Geschichten haben wir gelesen und gehört über die mexikanische Polizei...

Er meint, wir fahren heute nicht mehr weiter und sie werden uns das Nummernschild abschrauben. Vermutlich waren wir einen Zacken zu schnell (kein Wunder), beweisen können wir es nicht, zweifeln aber an der Richtigkeit ihrer Radarpistole und wissen natürlich, dass Gringos ein beliebtes und einfaches Ziel sind um ihr Gehalt aufzubessern. Wer fährt schon 30 kmh hier? Niemand, gar niemand, alle brausen mit mindestens 60 an uns und der Polizei vorbei!  

Wir warten mal ab, sagen dass wir keine 6000 Pesos haben. Wütend werde ich als er uns auch noch „ein Nichttragen der Gurte“ anhängen will, nur weil ich mich unterdessen abgeschnallt habe! Nach einem Blick in mein Gesicht lässt er dies dann bleiben. Er fragt nach US-Dollars, ein anderer Polizist kommt ans Fenster, irgendwann meint er für 3000 Pesos können wir weiterfahren. Das ist uns (noch) zu viel. Wir haben keine Eile, lassen uns nicht einschüchtern und warten einfach ab. Schlussendlich zahlen wir einen Bruchteil des geforderten Betrages, sie entlassen uns, freundlich werden wir noch mit Tips versorgt wo es auf unserer weiteren Strecke überall Radargeräte installiert hat, wir sollen aufpassen...! 

Die Polizei, dein Freund und Helfer, bekommt hier in Mexico einen komischen Beigeschmack.

Was machen wir in einer solchen Situation, was ist recht, was ist unrecht? Wir möchten dieses System nicht unterstützen, sind aber machtlos, als Touristen, für ein paar Wochen in diesem Land…

Im Reiseführer steht eine ganze Abhandlung zum Thema der Morbida (Biss), man soll sich nicht aufregen, das Spiel mitspielen, abwägen, es sei sozusagen ein Geben und Nehmen…oder „die Polizei ist so nett und hilft dir Sparen beim Geldausgeben“, weil ja der offizielle Weg immer der viel teurere wäre! 

Seit Tagen herrscht in Mexico ein grosses Benzinchaos! Die neue Regierung unter neuem Präsident will endlich den Benzindiebstahl und die Korruption in den Griff bekommen. 

Im Jahr 2018 verlor der Staat durch diesen Klau rund 2.5 Milliarden Dollar an Geldern. Pipelines wurden angezapft, das Benzin abgeleitet oder ganze Lastzüge an Benzin wurden illegal abgefertigt und dem Schwarzmarkt zugeführt. Kriminelle Gruppen, Regierungsbeamte, Sicherheitskräfte und Mitarbeiter der staatlichen Pemex-Tankstellen haben ihre Finger im Spiel. Nun sind vorübergehend zahlreiche Pipelines unterbrochen, die Tankstellen des Landes werden nur noch mit bewachten Tanklastwagen bedient, was natürlich zu grossen Verzögerungen in der Versorgung führt. Viele Tankstellen sind geschlossen, an anderen bilden sich lange Schlangen.

Benzin ist das grosse Problem, Diesel haben wir bis jetzt zum Glück immer tanken können. 

 

Auf der Sonnenpyramide in Teotihuacan
Auf der Sonnenpyramide in Teotihuacan

So, inzwischen sind wir in Teotihuacan, quartieren uns auf dem der Pyramiden nahen Camping ein, für 100 Pesos / 5 Franken parken wir auf einer Wiese bei einem knorrligen, herzigen, alten Mann.

Teotihuacan, die Heimat der Götter, war das bedeutendste Kulturzentrum und die grösste Stadt des alten Amerikas, rund 200’000 Personen sollen hier zur Blütezeit gelebt haben. Als die Azteken im Jahr 1250 das Tal entdeckten, war die Stadt schon seit rund fünf Jahrhunderten verlassen, vieles war zerstört. Welches Schicksal die Bewohner erlitten, was genau zu ihrem mysteriösen Niedergang führte, ist bis heute ein Rätsel. 

Am nächsten Morgen um 07.30 Uhr stehen wir vor dem Eingangstor. Als erstes erklimmen wir die rund 250 Stufen der 70 Meter hohen Sonnenpyramide. Die Piramidé del Sol und die kleinere Piramidé de la Luna sind die Höhepunkte dieser Anlage. Wir stehen zuoberst auf der Sonnenpyramide, lassen den Blick rundum schweifen, der Morgen ist jung, die Sonne versteckt sich noch hinter Wolken, es ist frisch, über der Mondpyramide erheben sich als farbige Rundumel einige Heissluftballone, ein schönes Bild. Wir sind fast die ersten hier oben und geniessen die Ruhe vor dem grossen Ansturm.

Wieder auf dem Boden spazieren wir durch die ganze, gewaltige Anlage, erklimmen die Mondpyramide, wandern entlang der Calzada de los Muertos - der Strasse der Toten, und besuchen das schöne Museo del Sitio.  Immer mehr Menschen tummeln sich zwischen den Pyramiden, Busse fahren vor, für uns Zeit zu gehen. 

Über Tula fahren wir in den schönen Naturpark El Ocotal. Wir sind überrascht was wir hier finden in diesem gepflegten Gelände - Picknickplätze, einen kleinen See, ein Hotel, Wiesen, Wald, viel Platz, man darf irgendwo campieren…ein Freizeitparadies und eine Wohlfühloase, genau richtig für unsere Wochenendpause nach vielen strengen Strassenkilometern.

Natürlich lieben auch die Mexikaner ihre Wochenenden, so ist unsere zweite Nacht dann nicht mehr so ruhig wie unsere erste, es ist Partytime, bis tief in die Nacht werden wir mit heissem, lauten Sound beschallt! 

Nebel hängt am Morgen über dem Land, wir haben heute ein Ziel in den nahen Bergen, wir fahren in die Sierra de Chincua, zu den Monarchfaltern.

Jeden Jahr überwintern hier in der Region Michoacan Millionen von Monarchfaltern. Bis 4500 km fliegen diese zarten Geschöpfe von Kanada und dem Norden der USA bis genau hierher nach Mexico in ihr Winterquartier, unvorstellbar! Auf 3300 MüM starten wir zur Wanderung, ein älterer Mexikaner begleitet uns als Guide. Es geht rund 2.5 km durch den Wald, wir wandern abwärts und verschwinden hinter einem Hügel. Hier hängen sie in grossen Trauben an den Bäumen, Abertausende von Schmetterlingen. Sobald gegen Mittag die warmen Sonnenstrahlen den Weg durch die Bäume finden entfalten die vielen Monarchfalter ihre filigranen Flügel, plötzlich ist die Luft erfüllt von Tausenden tanzenden und schwebenden Sommervögeln - und wir sind mitten drin in diesem Naturwunder! Tief berührt staunen wir über dieses grandioses Schauspiel, ein wunderschönes Erlebnis! 

Es ist Sonntag, so sind wir nicht die einzigen an diesem Ort, aber das stört überhaupt nicht, es herrscht eine magische Ruhe in diesem ganzen Wald, alle halten inne und sind einfach nur fasziniert! Für den Rückweg wäre auch ein Pferdchen zu haben als Transportmittel, aber wir brauchen Bewegung! Zurück beim Startpunkt laden wir den Guide ein zu einer Quesadilla, es hat diverse kleine Beizlein. Danach führt er uns ganz geschickt zu einem Souvenirshop, den seine Esposa - Ehefrau betreibt, so wandert noch ein von Hand besticktes Decklein in unseren Rucksack, wir geben ihm ein Trinkgeld, verabschieden und bedanken uns.

Ein paar Höhenmeter weiter unten bleiben wir bei einer Lichtung stehen für die Nacht. Es wird frostig, am nächsten Morgen ist alles Stein und Bein gefroren!

 

Über das landschaftlich sehr schöne Valle Bravo und über viele Topes geht es Richtung Vulkan Toluca, unserem nächsten Ziel! 

Diese Topes - Bodenwellen sind neben den vielen Schlaglöchern ein wirklich schlimmes Übel! Abbremsen, über den Topes holpern, wieder Gas geben, abbremsen, über den Topes holpern, wieder Gas geben…und das eins ums andere Mal durch jedes kleinste Dorf, und es hat Dörflein und Weiler ohne Ende! Viele Topes liegen im Schatten oder sind auch sonst kaum zu erkennen im Voraus. Verpassen wir einen, ist hinten in der Kabine alles neu sortiert...Decken und Kissen katapultiert es in einem Salto auf den Boden, Gabeln, Messer, Löffel vermischen sich in der Schublade, vieles hüpft an einen neuen Platz, wir müssen aufräumen...der Iveco tut uns unendlich leid und braucht umgehend ein paar Streicheleinheiten! 

Es ist eine schöne Gegend hier, fruchtbar, grün, bergig. Schon von weitem sehen wir den verschneiten 4680 Meter hohen Toluca durch die Bäume. Da möchten wir hoch!

Es ist schon später Nachmittag, wir zahlen 50 Pesos, fahren auf der Piste noch einige Kurven weiter und können bei einer verlassenen Lodge auf 3800 MüM parkieren, mitten im Nadelwald.

Die Nacht in der Höhe überstehen wir gut, das Thermometer zeigt am Morgen -6 Grad an, brrrr! Die holprige Strasse führt uns weiter den Berg hoch bis auf 4158 m, ein neuer Rekord für den Iveco! Hier kann man parkieren und zum Kraterrand hochwandern. Wow, wir blicken in die Tiefe des Kraters mit den beiden Seen Del Sol und La Luna, so schön…dieser grosse, tiefe Kessel mit dem zackigen, hohen Rand rundherum, weiss leuchtet ein Schneefeld am Hang gegenüber!

Wir umrunden den halben Krater, klettern in die Höhe und sind auf knapp 4500 Meter über Meer, so hoch wie noch nie! Die Luft ist dünn hier oben, die Aussicht phänomenal, das Wetter zeigt sich von seiner schönsten Seite, die Sonne wärmt und eine leichte Brise zerzaust unser Haar (also meines)…wir geniessens! In der Ferne sehen wir sogar den schönen gleichmässigen Hügel vom berühmtesten Vulkan Popocatepetl bei Mexico Stadt. Sattgesehen und aufgewärmt von der Sonne machen wir uns auf den Rückweg, fahren wieder abwärts zu unserem Basislager und bleiben nochmals eine Nacht hier am Toluca.

Und jetzt...geht es in einem "Schnuuz" südwärts durchs Land Richtung Oaxaca!

 

Auf dem Vulkan Toluca
Auf dem Vulkan Toluca