November/Dezember 2018 - Durch Arizona bis zur Grenze nach Mexico

Im Petrified Forest NP
Im Petrified Forest NP

24. November 2018 - 13. Dezember 2018

 

Der Thanks Giving Tag ist ruhig, also für uns…viele Amerikaner sind heute wohl mit ihrem Truthahn beschäftigt, zeitig muss er ins Ofenrohr um nach stundenlangem Garen knusprig und fein duftend mit all den anderen Speisen auf dem reicht gedeckten Tisch zu stehen! 

Bei uns gibt es heute keinen Truthahn, der Vogel ist zu gross für unseren kleinen Gasofen ;-)! Wir stehen ein Stück weit weg von Pahrump, am Fusse der Berge, in einer Piste die als Sackgasse endet, am Abend leuchten die Lichter des Städtchens zu uns herauf. 

Der Tag nach Thanks Giving ist nicht mehr ruhig, es scheint uns, viele haben ihren Colt umgeschnallt, fahren hinaus in die Natur und üben sich im Schiessen! Aus allen Richtungen hören wir es laut knallen, zwei Jeeps kommen in einer grossen Staubwolke fast bis zu uns hoch gefahren, parkieren etwa 300 Meter unterhalb, stellen ein Holzbrett in die Wüste und ballern die längste Zeit auf diese Zielscheibe!

Für uns ein nicht mehr so entspanntes Gefühl zwischen all diesen fliegenden Kugeln zu sitzen…wir verziehen uns für eine Weile in den Iveco. Irgendwann sind sie des Schiessens überdrüssig, fahren wieder ab und Ruhe kehrt ein!

Eine spezielle Waffenkultur ist das hier in den USA!

Die Feiertage sind vorbei, der "Black Friday" auch, alle Bäuche sind voll, viele Dollars sind gerollt…wir rollen auch weiter, zum Valley of Fire!

Rot leuchten die Felsen in der Landschaft, es ist ein kleines farbiges Schmuckstück, das Valley of Fire. Wir sehen eine Herde von Steinböcklein, wandern zu gestreiften Felsen und übernachten auf dem sehr schönen Campingplatz inmitten der roten Steine. 

Von hier ist es nicht mehr weit bis nach Las Vegas! Wir haben von Eva und Sebastian eine Boondocking-Adresse bekommen, im Norden von Las Vegas, dorthin fahren wir. 

Boondocking ist eine Plattform ähnlich wie Couchsurfing, es gibt einfach einen Parkplatz anstelle eines Bettes. Bei Boondocking aufgelistet sind Leute die auf ihrem Grundstück oder in ihrer Einfahrt Reisenden eine kostenlose Übernachtungsmöglichkeit = Parkplatz anbieten.

Die „Sweet-tomato-lady“ gehört zu diesen netten Personen. Wir haben sie angefragt und können nun bei ihr vor dem Haus parkieren. Sie ist eine besondere ältere Lady, betreibt einen grossen Versuchsgarten mit vielen Gemüsesorten, unterichtet und gibt Kurse über das Gärtnern und wie man Gemüse zieht in diesem Wüstenklima, und nebenbei hat sie schon vielen jungen oder älteren Frauen den richtigen Umgang mit Schiesswaffen gelehrt. 

Sie zeigt uns alles was so wächst hinter ihrem Haus. Lachen müssen wir als sie meint, dass sie selber aber gar nicht gerne Gemüse isst, lieber Pasta oder Pizza. Zu solch einer lädt sie uns am Abend ein, wir nehmen Platz an der Bar, hurtig wandert die Pizza vom Gefrierer in den Ofen, gut beträuffelt mit zusätzlichem Öl, und husch liegt sie auch schon auf einem Küchenpapier vor uns, fertig zum Reinbeissen, Besteck braucht es nicht So geht das hier in Amerika ;-)! 

Am Morgen fahren wir Richtung Stadt, zuerst aber müssen wir uns noch um ein Ersatzteil kümmern. An unserer Kassetten-Toilette ist der Verschluss-Schieber kaputt, schon mal geleimt und geflickt von Beat ist er jetzt nicht mehr zum Reparieren, noch ein Stück mehr von diesem Plastikteil hat sich verabschiedet! Wir fahren mit nicht sehr viel Hoffnung einen Wohnmobil-Shop an. Die junge Frau im Laden ist sehr zuvorkommend, informiert sich bei ihrem Lieferanten und meint, wenn wir nur das Ersatzteil möchten würde das wochenlang dauern. Sie könnte aber die ganze Kassette bestellen mit allem drum und dran, die wäre hier in den USA verfügbar und in drei Tagen in Las Vegas. Der Fall ist klar, wir entscheiden uns für den schnellen 3-Tage-Weg. 

Das heisst dass wir nun länger Zeit haben in oder rund um Las Vegas als geplant. Okay, wir überlegen kurz und entscheiden uns spontan den Iveco zu parkieren und uns für einmal ein Hotel zu leisten. Nach genau 201 Nächten am Stück im Iveco geniessen wir für drei Nächte ein schönes Zimmer und schlafen in einem fremden Bett!

Las Vegas, die verrückte Stadt mitten in einer flachen Wüstenlandschaft gelegen war früher nur eine kleine Mormonenstadt mit Bahnstation an der Strecke Los Angeles - Salt Lake City.

Als im Jahr 1931 in Nevada das landesweite Glücksspielverbot aufgehoben wurde und gleichzeitig der Bau des Hoover Damm began, kamen die vielen Arbeitskräfte gerade recht um das liberalisierte Gesetz zu geniessen. Es wuchsen die ersten Kasinos aus dem Wüstenboden und die Stadt zog schnell viele Spieler an. Mit dem Hoover Damm war auch genügend preiswerter, elektrischer Strom vorhanden. 

Im Grossraum Las Vegas leben heute über 2 Mio. Menschen, dazu kommen jährlich rund 40 Mio. (!) Touristen, unglaublich!

Entlang dem „Strip“ reihen sich all die riesigen Hotels und Casinopaläste auf, jeweils nach eigenem Thema gebaut und gestaltet. So kann man durch Venedig spazieren, vom Eiffelturm die Aussicht geniessen, in den Palast von Cäsar eintauchen oder fürs Weihnachtsshopping kurz nach New York entschwinden. 

Wir machen uns auf in diese crazy Stadt, schnappen uns Tickets für eine Cirque du Soleil-Show (war toll), spazieren durch die üppigen Hotels und endlosen Casinos. Aus jeder Ecke wird man beschallt, Musik hier, Musik da, es ist laut und Augen und Kopf können kaum schlucken was wir alles geboten bekommen. 

Sobald es dunkel ist verwandelt sich der ganze Strip in ein kunterbuntes Lichtermeer. Beim Hotel Bellagio speisen wir auf der Terrasse, mit direktem Blick auf die immer wiederkehrende tolle Wassershow mit Musik, gleich dahinter erhebt sich der hell erleuchtete Eiffelturm, super schön, ein Wunderland!

Dann ist aber auch genug des Stadtlebens...wir stehen beim RV-Shop vor der Tür, und wie kann es anders sein? Natürlich ist die Box nicht hier! Da Freitag ist, haben wir erst am Montag die nächste Chance, also bleiben wir nochmals drei Tage in der Gegend.

Mehr Las Vegas wollen wir nicht, wir fahren südwärts zum Hoover Damm und besichtigen dieses grosse Bauwerk. Der Security Check ist streng, wir müssen auf die Seite fahren und der Iveco wird von innen inspiziert, auch die Stauboxen müssen wir öffnen, wobei der Beamte dann lieber etwas übers Auto und unsere Reise wissen möchte als genau hinzuschauen.

Nun dürfen wir weiterfahren über den Damm, parkieren auf der Arizona-Seite und gehen zu Fuss retour um alles genauer anzuschauen. Der Hoover Damm steht auf der Grenze von Nevada und Arizona, so ist bis zur Hälfte des Damms Nevada-Zeit, die andere Hälfte steht unter Arizona-Zeit, dass heisst dort ist es eine Stunde später. 

Die Stromerzeugung in den Turbinen des Hoover Damms ist nur möglich bis zu einem Pegelstand des Stausees von 1050 Fuss. Im Sommer 2016 wurde erstmals die kritische Marke von 1075 Fuss unterschritten. Sollte sich das Reservoir nicht wieder merklich auffüllen und die Lage sich entspannen, müssten in Nevada, Arizona und Kalifornien drastische Wassersparmassnahmen in Kraft treten. Es mag sich wohl keiner so recht die Folgen vorstellen, vom Wasser dieses Sees hängen gut 25 Mio. Menschen ab!

Und wenn man sich überlegt, was Las Vegas für Ressourcen verbraucht jeden Tag, ein heller und ökologischer Wahnsinn!

Wir fahren an den durch den Hoover Damm entstandenen Stausee Lake Mead. Dort kann man sich ein Plätzchen aussuchen und darf campieren in der weiten Natur. Zwei Nächte bleiben wir hier, fahren dann ein Stück weiter und bleiben für eine weitere Nacht in einem trockenen Flussbett zwischen den Bergen stehen. Wir wandern eine Runde, es gibt einiges zu entdecken, viele schöne Steine warten bis meine Hand nach ihnen greift…

Es ist Montag, wir fahren wieder zum Wohnmobil-Shop und siehe da, das Teil ist angekommen, wir wechseln die Box und sind froh dass alles wieder funktioniert, super! Nun gehts weiter!

 

Am Lake Mead
Am Lake Mead

Es geht zügig Richtung Westen, über das Casino Städtchen Laughlin, das Eseldorf Oatman, Kingman und Williams erreichen wir bald das winterlich verschneite Flagstaff, brrrr…auf dem Wetter-App sehen wir dass es hier in Flagstaff auf 2100 Meter über Meer in diesen Tagen nachts bis Minus 15 Grad wird. Wir fahren direkt weiter über Holbrook zum Petrified Forest Nationalpark. 

Dieses Wüstengebiet beeindruckt durch seine Farbenvielfalt. Es gibt schöne Ausblicke über die „Painted Desert“ oder ein Rundgang durch die farbigen Hügeln mit verschiedensten übereinander liegenden Gesteinsschichten. Und ganz speziell sind natürlich die versteinerten Baumstämme, als stumme Zeugen einer längst vergangenen Zeit liegen sie zuhauf in der Gegend herum, als ganze Stämme, dicke Scheiben oder verkleinert und zerfallen als Sägespäne.

Vor über 200 Millionen Jahren wurden die Stämme in diesem damals riesigen Schwemmlandgebiet von Wasserfluten unter Schlamm und Schlick begraben. Wegen des fehlenden Sauerstoffes verlangsamte sich der Zerfall des Holzes, es sickerte kieselsäurehaltiges Grundwasser in die Baumstämme, Quarz lagerte sich in den Hohlräumen ab, ersetzte so nach und nach das Zellgewebe, das Holz wurde zu Stein, die Struktur blieb erhalten. Durch kleine Mengen an Oxiden und Mineralien kamen die Steinstämmen zu ihren schillernden Farben. 

Wir sind beeindruckt von diesen zu Stein gewordenen Baumstämmen, wow, richtig schön! Und die kleine Wanderung bei Blue Mesa hat uns auch fasziniert, fast alleine sind wir hier inmitten dieser violett gestreifen Hügel am frühen Morgen, ich bin ganz hin und weg und zupfe Beat am Ärmel, ich habe gar keine Eile diesen schönen Ort zu verlassen...!

 

Wir kommen ins Kaktusland
Wir kommen ins Kaktusland

Aber auch der schönste Spaziergang ist mal zu Ende, es ist zügig kalt, wir machen uns auf den Weg nach Süden, nach Green Valley bei Tucson. Dort lebt mein (Ruth’s) Onkel und ihn werden wir jetzt besuchen. Er ist mit seinen 92 Jahren no guet zwäg, lebt nach wie vor in seinem Haus, wartet auf uns und freut sich sehr über unseren Besuch, kommt doch nicht jeden Tag jemand aus der Schweiz vorbei!

Schon mehr als einmal war ich hier, immer verbunden mit einer langen Reise und vielen Flugstunden. Nun stehen wir mit unserem Iveco vor seiner Tür, kaum zu glauben, ein seltsames Gefühl, ein schönes Gefühl...!

Für die nächsten vier Tage dürfen wir uns vor seinem Haus einrichten. Wir verbringen viel Zeit zusammen, legen Hand an beim Montieren der Weihnachtsbeleuchtung und dem Zusammensetzen und Schmücken seines Christbaums, fahren zu Viert, mit Arthurs guter Seele Mariela, die jeden Morgen bei ihm ist und ihm die gröbste Arbeit abnimmt, zu einem feinen Lunch zum Mexikaner. Zu Zweit machen wir eine Wanderung durch den Madera Canyon und fahren nach Tucson ins Pime Air Museum. Viele Flieger sind dort zu bewundern und auf einem riesigen Gelände rundherum stehen nochmals Tausende ausgedienter, abservierter Maschinen die hier mitten in der Wüste auf ihre Verschrottung oder was auch immer warten...ein Heidengeld ist hier parkiert!

Dann heisst es wieder ByeBye...wir sind ein bisschen zappelig, es zieht uns jetzt definitiv nach Mexico!

Bei Tucson machen wir einen kurzen Abstecher zur schönen alten Kirche San Xavier Mission. Es ist richtig Betrieb hier, wir finden kaum einen Parkplatz, viele Kinder und Eltern stehen auf dem grossen Platz, was ist hier wohl los?

Wir staunen nicht schlecht, als sich unter lautem Gedröhne ein grosser Helikopter nähert, die Kirche umkreist und in einer riesigen Staubwolke landet...heraus steigt: ein Samichlaus, haha! Nicht mit dem Eseli ist er gekommen, nein, mit dem Helikopter! Schnell ist er im Mittelpunkt der Kinder, schliesslich macht sich die ganze Schar, inklusive der sicher 20 Aufpasser im Militärlook, auf zur nahen Missionsschule. Dort gibt es aus dem grossen Sack vielleicht Mandarindli, Nüssli und Läbchueche für d'Chind, nach em Versli ufsäge, oder e chlini Fitze für die wo nöd so brav gsi sind ;-)! Viel Spass!

Für uns geht es durch viele Kakteen weiter über Ajo, Gila Bend, Yuma in Richtung Tecate. Dort werden wir die Grenze nach Mexico überqueren. Wir fahren auf dieser Strecke teilweise sehr nahe der Grenze, überall ist die Präsenz der USA Border Patrol sehr hoch, auf der Strasse und in der Luft oder an Kontrollposten. Nach wie vor fahren wir durch trockenes Land, links und rechts sehen wir immer mehr unvorstellbar grosse Farmen, es stinkt zum Himmel, tausende und abertausende Kühe stehen über viele Hektaren Kopf an Kopf in riesigen Paddocks. Das Futter wächst als Luzerne oder Getreide in Monokulturen, Kräuterwiesen sehen diese Kühe wohl nie. Auch viel Gemüse wird hier angebaut und weggekarrt, alles muss aufwendig bewässert werden und die Landarbeiter sind wohl ausschliesslich Mexikaner.

Nach vielen Kilometern biegen wir ab, es geht durch eine gemütliche, schöne Bergregion. Auf dem schönen Campingplatz in Potrero verbringen wir unsere letzte Nacht vor der Grenze, bis Tecate sind es von hier aus noch rund acht Kilometer. 

  

Byebye Amerika...Hola Mexico! Wir sind gespannt auf dieses bunte Land!